Martina und ich sind vor einigen Tagen von Hawaii in Tokio angekommen. Es ist Martina’s erster Besuch in Japan, ich hatte das Glück, hierher bereits mehrere Geschäftsreisen zu machen. Die Einreiseformalitäten zogen sich etwas in die Länge. Es gab eine lange Schlange, und ich war froh, am Ausgang unseren langjährigen Freund Michio zu treffen, der eine lange Anreise in Kauf genommen hatte und lange auf uns gewartet hatte. Dank seiner Hilfe fanden wir schnell eine lokale SIM-Karte für ein Mobiltelefon und einen Geldautomaten für die lokale WährungYen. Außerdem konnte er auf Japanisch schnell die richtigen Zugtickets vom Flughafen in die Innenstadt organisieren. Die Zugfahrt dauerte 45 Minuten, gefolgt von einer kurzen Taxifahrt vom Hauptbahnhof zum Hotel.

Am nächsten Morgen machten wir uns alleine auf den Weg, um zunächst ein Tagesticket für Tokio zu kaufen. Das ist gar nicht so einfach, da es zwei U-Bahn-Gesellschaften und zusätzlich die japanische Bahn gibt, die alle verschiedene Linien im Stadtgebiet betreiben und eigene Tickets verkaufen. Dank der freundlichen Hilfe einer Bahnangestellten konnten wir aber erfolgreich zwei Tagestickets für alle Linien in Tokio erwerben. Noch ein Wort zur Aussprache: Tokio wird im Englischen „Tokyo“ geschrieben und „Tokjo“ ausgesprochen.

Als erstes Besuchsziel stand der Kaiserpalast, genauer gesagt die kaiserlichen Gärten, auf dem Programm, die Martina besonders gefielen. Danach besuchten wir den Shinto-Tempel Meiji-Schrein. Wir lernten, dass es in Japan zwei Religionen gibt:

  1. Shinto, die alte japanische Naturreligion, und
  2. Buddhismus

Für die Jungen und Lebenden ist Shinto die Hauptreligion, in der man für Glück, Gesundheit und das Verhindern von Unglück betet. Man spendet und schreibt Wünsche auf kleine Kärtchen, die im Tempel ausgehängt werden. Im fortgeschritteneren Lebensabschnitt gewinnt der Buddhismus an Bedeutung, da man dann darauf achtet, möglichst würdevoll wiedergeboren zu werden.

Die Japaner sind sehr respektvoll und rücksichtsvoll. Das zeigt sich etwa daran, dass viele Menschen eine Gesichtsmaske tragen, wenn sie erkältet sind, um andere nicht anzustecken. Man macht Platz und entschuldigt sich vielmals, wenn man jemandem versehentlich in die Quere kommt – ein deutlicher Gegensatz zu unseren Erlebnissen in Südamerika. Auf der anderen Seite können die Menschenmassen, besonders im Berufsverkehr, erdrückend sein, und ohne gegenseitige Rücksichtnahme würde das Zusammenleben nicht funktionieren.

Ich hatte bereits erwähnt, dass der öffentliche Nahverkehr sehr zuverlässig funktioniert. U-Bahnen fahren in der Regel alle fünf Minuten, und Züge sind im Allgemeinen sehr pünktlich. Hat man eine Platzkarte, ist auf dem Bahnsteig bereits der Wagenstand markiert, sodass man nicht mit Gepäck durch den Zug laufen muss. Am Einstieg gibt es große Abteile für Gepäck, das sogar mit Zahlenschlössern gesichert werden kann.

Nach dem Tempelbesuch wollten wir uns die berühmteste Kreuzung in Tokio anschauen: link: Shibuya. Es ist beeindruckend, wie viele Menschen dort bei jeder Grünphase die Kreuzung überqueren. Da war das kleine Dorf in Chile wo wir für 3 Monate lebten, definitiv ruhiger.  Zum Mittagessen gönnten wir uns eine Ramensuppe in einem nahegelegenen Lokal. Sie war sehr schmackhaft, sättigend und ziemlich günstig. Zum Glück haben viele Lokale in Japan ihre Gerichte in Schaufenstern aus Plastik nachgebaut. So kann man sich etwas Ansprechendes aussuchen, ein Foto machen und dem Kellner das Bild zur Bestellung zeigen.

Am Nachmittag fuhren wir zum Skytree, dem höchsten Fernsehturm der Welt. Wegen des bewölkten Wetters entschieden wir uns jedoch, nicht mit dem Aufzug hochzufahren, da die Aussicht vermutlich nicht gut gewesen wäre.

Am nächsten Morgen wurden wir mit einem kleinen Bus zu einer gebuchten Tagestour zum Fujiyama abgeholt. Leider war es wieder sehr wolkig. Der Bus fuhr zur 5. Station, etwa 2.500 Meter hoch, was über der ersten Wolkendecke lag. Trotzdem konnten wir den Gipfel (etwa 3.700 Meter) nicht sehen, und wegen der Wolken hatten wir auch keinen Ausblick auf das Umland. So blieb uns nichts anderes übrig, als durch die Souvenirshops zu streifen. Dabei entdeckte ich einen „Single Malt“-Whisky, der aber „blended“ war. „Single Malt“ bedeutet, dass der Whisky aus einer Brennerei und aus einem Jahrgang stammt und in einem Holzfass gereift ist, bevor er direkt in Flaschen abgefüllt wird – das ist in der Regel die beste Qualität. „Blended“ bedeutet hingegen, dass der Whisky aus mehreren Chargen gemischt wird (a la Johnnie Walker), was oft nicht so hochwertig ist. Japanischer Whisky schmeckt generell sehr gut, aber diesen ließ ich stehen.

Nach der Bergtour gab es ein Mittagessen in einem japanischen Restaurant mit exzellentem Sashimi und Sushi. Danach besuchten wir einen idyllischen See mit einem botanischen Garten, was Martina besonders gefiel. Auf der Rückfahrt nach Tokio erfuhren wir von einem Unfall auf der Autobahn, der einen erheblichen Stau verursachte. Unsere Reiseführerin nutzte die Zeit, um uns etwas Japanisch beizubringen, z. B. wie man „Guten Morgen“ und „Danke“ sagt, sowie die Zahlen 1, 2, 3, … . Es wurde kompliziert, als wir erfuhren, dass für verschiedene Objekte unterschiedliche Zahlwörter verwendet werden, etwa für Bier andere als für Bücher. Japanisch zu lernen werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr in Angriff nehmen.

Es gibt zudem drei verschiedene „Alphabete“: zwei japanische, die Laute und Silben darstellen, sowie Kanji, die chinesischen Schriftzeichen, die für ganze Wörter oder Begriffe stehen. Lustigerweise entspricht das Kanji-Zeichen für Baum einem stilisierten Baum. Zwei stilisierte Bäume stehen für einen Wald, und drei Bäume für einen Dschungel.

Wir lernten auch, dass viele moderne Begriffe direkt aus dem Englischen übernommen werden, mit einem „u“ am Ende, z. B. „Bieru“ und „Creditu Cardu“. Schwierigkeiten gibt es jedoch beim Unterscheiden von „R“ und „L“. So lachten wir über eine Werbung für „cold blew coffee“ anstelle von „cold brew coffee“. In der Vergangenheit hatte ich einmal ein japanisches Patent gesehen, in dem durchgehend anstelle von „Ruthenium“, ein Edelmetall, „Luthenium“ geschrieben wurde.

Ein lustiges Erlebnis hatte ich in einer Karaoke-Bar. Nach einem Geschäftsessen sollte jeder ein Lied singen. Da ich nicht gut singen kann, sagte ich, dass ich nicht auf Japanisch singen könne. Die Antwort: „Kein Problem, wir haben auch englische Titel.“ Ich sagte, dass ich auch auf Englisch nicht singen könne. Die Antwort: „Kein Problem, wir haben auch deutsche Titel. Andreas, sing uns ‚Loreley‘.“ Als sie hektisch im Telefonbuch nach dem Titel suchten, fanden sie ihn nicht. Sie baten mich selbst nachzuschauen und ich stellte fest, dass sie bei „R“ gesucht hatten, da sie „Loreley“ als „Rorerey“ suchten. Offensichtlich fand ich das entsprechende Lied auch nicht. Später konnte ich mich nicht mehr drücken, aber ein paar Bier reduzieren die Hemmschwelle und Kollegen meinten, ich würde gar nicht mal so schlecht singen. Naja.

Zu den erwähnenswerten Dingen in Japan gehören die hochmodernen Toiletten. Sobald man sich auf die Brille setzt, wird sie automatisch beheizt, was mich anfangs erschreckte. Die Toiletten haben auch ein eingebautes Bidet, und die Spülung funktioniert entweder per Knopfdruck oder automatisch beim Aufstehen.

In unserem kleinen Hotelzimmer gab es auch eine Waschmaschine mit Trockner. Da die Beschriftung auf Japanisch und nur rudimentär auf Englisch war, mussten wir raten, wie sie zu bedienen war. Glücklicherweise haben wir es scheinbar richtig gemacht, sodass wir nach unserem Abendessen mit japanischen Freunden/ Geschäftspartnern, die ich seit mehr als 30 Jahren kenne, saubere Kleidung hatten.

Am letzten Tag besuchten wir erneut den Skytree. Trotz schlechten Wetters bekamen wir einen Eindruck von der Weitläufigkeit Tokios, der größten Stadt der Welt. Anschließend besuchten wir den Fischmarkt, wo uns jedoch die Menschenmassen erdrückten. Am nächsten Morgen flogen wir nach Hakodate auf Hokkaido – davon später mehr.