Während der Studienzeit in Marburg spielte der Edersee eine erhebliche Rolle in meinem Leben. Mindestens zweimal pro Woche fuhren wir im Sommer zum Tauchen hierhin und verbrachten viele lange Wochenenden zum Tauchen hier. Selbst im Winter waren wir hin und wieder hier um uns im Schneetreiben in die Naßtauchanzüge zu zwängen und dann an den Ruinen, besonders am ersten Bogen der Brücke bei der überfluteten Ortschaft Berich, tauchen zu gehen. Vorbeigehende Wanderer schüttelten meist ungläubig den Kopf. Gerade im November/ Dezember macht das Tauchen aber keinen Sinn, weil der Stausee dann meistens abgelassen ist. Dafür liegen dann viele Bauwerke frei, die normalerweise unter Wasser liegen, die wir früher, verbotenerweise, meist in Nacht und Nebelaktionen betauchten.

Anfang dieser Woche kam die Idee auf, diese Ruinen mal über Wasser zu besuchen und das ganze mit einer Fahrradtour zu verbinden. Alfred, ein alter Freund, war sofort einverstanden mich zu begleiten. So machten wir uns Samstagsmorgen bei eisigen -1 Grad und Nebel mit dem Auto, die Fahrräder im Kofferraum, auf den 200 km langen Weg. Am Edersee angekommen, zogen wir dann anstelle von Tauchanzügen, warme Radfahrklamotten an und fuhren vom Parkplatz die kurze Strecke zur Bericher Hütte. Diese Ruine lag komplett frei, leider war aber das Modell der Staumauer, welches nur wenige Meter entfernt ist, noch völlig unter Wasser. Weiter ging es zur alten Dorfstelle Berich, die wir mit dem Fahrrad abfuhren und noch einige Fotos der alten Klostermauer machten. Die Brücke lag noch komplett unter Wasser. Einige Fundamente, der bei der Flutung gesprengten Häuser, wurden mittlerweile wieder hergestellt und beschriftet. Hier hatten wir in der Vergangenheit hunderte von Tauchgängen gemacht und freuten uns einige der zuvor unter Wasser gesehenen Futtertröge wieder zu entdecken. Weiter ging es zum ehemaligen Friedhof, der etwa 500 m entfernt direkt unterhalb der Segelschule liegt. Wir mussten etwas suchen, da wir hier noch nie waren und den Friedhof näher an der alten Ortschaft vermuteten. Die ehemaligen Gräber wurden vor der Flutung mit Betonplatten belegt, wohl um das mögliche Auftreiben der Leichen zu verhindern. Der Großteil der Gräber ist noch perfekt intakt, am Rand merkt man aber, dass die Erosion zugeschlagen hat und den Hang, und damit Begrenzungsmauern und Grabplatten, weggeschwemmt hat.

Auf dem Weg zur Tauchbucht 2 schauten wir noch bei der Abbiegung nach Waldeck nach dem ehemaligen Gut Vonhagen, das muss sich aber so gerade noch im Wasser befunden haben, damit war natürlich auch der ehemalige Schafstall nicht zu sehen. An der Tauchbucht 2 gab es keine Taucher, dafür aber jede Menge Angler. Dann folgte ein Anstieg, den man im Auto gar nicht wahrnimmt, bevor es vorbei am Hotel und den Restaurants über die Staumauer ging. Bis dahin haben wir keine weiteren Radfahrer bemerkt, dort trafen wir aber auf 3 weitere Gleichgesinnte. Auf der anderen Seite der Mauer folgten wir dem Randweg bis zur Stollmühle bei den Hopfenbergen. Leider war auch diese noch komplett von Wasser bedeckt, trotzdem wanderten wir über die Landzunge bis zur Spitze gerade gegenüber der Tauchbucht 2. Auf den Spitzen der Hopfenberge lagen die Markierbojen auf dem Trockenen. Uns überraschte, dass die Ankerketten der Bojen nur sehr kurz waren. Bei Vollstau liegen die Bergspitzen wohl nur 5 m unter der Wasseroberfläche. Auf dem Rückweg entdeckte ich auf dem Boden eine kleine Scherbe mit blauem Zwiebelmuster, ist das tatsächlich eine Antiquität oder der Rest einer Teetasse eines Anglers?

Auf dem Rückweg stoppten wir noch für eine Portion Pommes an einer trotz Corona offenen Frittenbude und fuhren dann zügig zum Auto und ins Warme zurück.