Hue
Mit dem Nachtzug im Schlafwagen sind wir von Hanoi nach Hue gefahren. Die Strecke beträgt etwa 650 km und dauerte 10 Stunden. Zum Glück waren wir die einzigen Fahrgäste in unserem Vier-Betten-Abteil. Die Fahrt verlief ereignislos, und das gleichmäßige Rattern ließ uns gut schlafen. Nach Sonnenaufgang sahen wir viele überschwemmte Reisfelder mit Wasserbüffeln und hohe Berge, die parallel zur Bahnlinie verliefen. In Hue angekommen, wurden wir sofort von einer Schar Taxifahrer angesprochen, die ihre Dienste anboten. Uns wurde gesagt, dass unser Hotel in Hue die Taxikosten übernimmt. Also suchten wir einen freundlichen Fahrer aus und erklärten ihm, dass das Hotel die Taxirechnung übernehmen würde. Ich bin mir nicht sicher, ob der arme Kerl das verstanden hat bzw. verstehen wollte. Das Hotel lag in einer kleinen Seitenstraße, in die der Taxifahrer nicht hineinfahren wollte. So blieb mir nichts anderes übrig, als die letzten 200 m zu Fuß zum Hotel zu gehen. Dort war es anfangs schwierig, überhaupt jemanden zu finden. Schließlich kam eine Dame, nahm etwas Geld und lief mit mir zum Taxifahrer zurück, um ihn zu bezahlen. Der Fahrer war ziemlich unzufrieden, da er wohl auf eine höhere Bezahlung gehofft hatte. Während meiner Abwesenheit hatte er Martina bedrängt, ihm Geld zu geben, damit er endlich weiterfahren konnte.

Im Hotel entspannten wir zunächst und buchten dann zwei Ausflüge. Direkt am Nachmittag machten wir eine Stadttour, bei der uns das Wohnhaus von Ho Chi Minh gezeigt wurde, ein Mangrovenwald mit Tempel, der leider wegen Überschwemmung nicht zugänglich war – dummerweise war gerade Regenzeit. Danach brachte uns ein kleines Boot zu einer Hütte auf Stelzen mitten in einer Lagune, wo einige Damen ein Restaurant betrieben. Uns wurde im strömenden Regen gezeigt, wie Fischernetze ausgelegt und Reusen auf Garnelen untersucht wurden. Überraschenderweise war innerhalb von 15 Minuten tatsächlich ein Fisch im Netz. Im Restaurant wurden uns verschiedene Meeresfrüchte serviert, bevor es zurück zum Hotel ging.

Am nächsten Tag unternahmen wir eine Tagestour zu verschiedenen Tempeln in der Umgebung, die den ehemaligen Kaisern und Königen gewidmet waren. Die jüngeren Tempel waren reich verziert, doch der entsprechende Kaiser war beim Volk unbeliebt, da er die Steuern für den Tempelbau erheblich erhöht hatte. Die Tempelbesuche wurden durch ein Mittagessen bei einer einheimischen Familie unterbrochen, wo es traditionelle vietnamesische Gerichte gab, darunter Rindersuppe mit Nudeln (Pho Bo). Am nächsten Morgen sollten wir von einem Fahrer – dem Onkel der Dame in Hanoi, die die Reise für uns organisierte – abgeholt werden. Mit 30 Minuten Verspätung klappte es schließlich. Ein anderer Taxifahrer hatte in der Nähe gewartet und wohl gehofft, das Geschäft übernehmen zu können, falls wir nicht abgeholt würden. Geduldig warteten wir jedoch auf unseren Fahrer, der uns nach Hoi An in ein Hotel direkt am Meer brachte. Die Strecke betrug etwa 120 km.

Hoi An
Am nächsten Morgen stand eine Tagestour nach Ba Na Hills auf dem Programm. Ich hatte Ruinen aus der französischen Kolonialzeit erwartet, doch es entpuppte sich als eine Art „französisches Disneyland“ mit mehreren „falschen“ Schlössern auf verschiedenen, ca. 1500 m hohen Hügeln, die per Seilbahn verbunden waren. Der Bus kam pünktlich am Hotel an. Unser Reiseführer fühlte sich als Alleinunterhalter und sprach pausenlos. Er sang sogar ein Lied und hatte zugegebenermaßen eine gute Stimme. Schon an der Talstation wurden Coupons für kostenloses Bier verteilt. Das Highlight war die Golden Bridge, die von zwei Betonhänden gehalten wird. Die Brücke zog viele Leute an, die Selfies machen wollten. Unsere Reisegruppe (13 Leute) musste auf zwei indische Teilnehmer warten, die zunächst ausgiebig fotografieren mussten. Es gab auch einen französischen Weinkeller, diverse Blumenbeete (romantischer Garten für Liebespaare) und eine Pagode zu besichtigen, bevor wir uns an einem Mittagsbuffet bedienen konnten. Am Nachmittag ging es für mich in die Bierschwemme, um die Gutscheine einzulösen. Die Bierschwemme war urdeutsch eingerichtet: Drei große Etagen mit Ausschank und Biertischen, dazu typisch deutsche Musik wie Ententanz und Polka, wobei Einheimische in gefälscten Dirndeln und Lederhosen vortanzten. Am Ende war ich froh, den Tag überstanden zu haben.

Am nächsten Tag besuchten wir die Tempelanlage My Son, eine große hinduistische Anlage. Die Tempel wurden im Vietnamkrieg durch amerikanische Bomben zerstört und später teilweise restauriert. Die Tempel sind aus roten Ziegeln gebaut, wobei neue Ziegel zur Restaurierung verwendet wurden, die jedoch andere Eigenschaften hatten und schon bemoost waren – im Gegensatz zu den alten, moosfreien Ziegeln.

Der nächste Tag war ein reiner „Hoteltag“, da Taifun Trami einige hundert Kilometer nördlich auf Vietnam traf. Da die Wirbelwinde auf der Nordhalbkugel gegen den Uhrzeigersinn drehen, hatten wir „nur“ Wind vom Landesinneren und nicht von der See her. Dennoch regnete es sehr heftig.

Nha Trang

Einen Tag später hatten wir zum Glück keinen Wind und Regen mehr. Mit einem „Kabinenbus“ ging es über Nacht etwa 600 km weiter südlich nach Nha Trang, einer Strandstadt, die ein wenig an Mallorca erinnert. Der „Kabinenbus“ war anstelle von Sitzen mit Doppelbetten ausgestattet, die links und rechts des Gangs wie Kabinen angeordnet waren, oben und an den Seiten mit festen Wänden und zum Gang hin mit einem Vorhang versehen. Leider war die Polsterung und Federung des Busses nicht ideal, sodass man jedes Schlagloch spürte und in den Kurven hin und her rollte. So konnte ich kaum schlafen. Ursprünglich war geplant, dass uns der Bus direkt zu unserem Hotel in Nha Trang bringen würde. Stattdessen wurden wir morgens um vier Uhr vor einem noch verschlossenen Büro der Busgesellschaft abgesetzt. Nach einigem ratlosem Warten lud ich mir eine Taxi-App auf mein Mobiltelefon und bestellte ein Taxi, das uns schließlich zum gebuchten Hotel brachte. Dort schlief ein Angestellter auf einer Couch an der Rezeption, und wir wollten ihn nicht wecken. Also setzten wir uns auf freie Sessel und konnten zumindest das Internet nutzen – in Vietnam scheint das Passwort überall gleich zu sein: 12345678.

Eine WhatsApp-Nachricht an das Reisebüro in Hanoi, das unsere Reise organisiert hatte, ergab, dass in dem Hotel, in dem wir gelandet waren, kein Zimmer mehr frei war und eigentlich ein anderes Hotel für uns gebucht worden war. So blieb uns nichts anderes übrig, als per App erneut ein Taxi zu rufen, welches uns ins richtige Hotel brachte. Am Nachmittag unternahmen wir eine kleine Wanderung am Strand entlang und wurden von einem dürren Jugendlichen angesprochen, der uns eine Besichtigungstour für den nächsten Tag verkaufen wollte. Nach kurzem Zögern stimmten wir zu. Er wollte eine Anzahlung, da er meinte, er sei schon oft versetzt worden. Wir lehnten das ab, versprachen ihm aber, am nächsten Morgen pünktlich am Treffpunkt zu sein. Am nächsten Tag besichtigten wir eine hohe Buddha-Statue und die Po Nagar Cham Towers, eine hinduistische Tempelruine, die allerdings intakt war. Anschließend fuhren wir zu den Ba Ho-Wasserfällen. Zunächst ging es über betonierte Wege etwa einen Kilometer am Fluss entlang, dann folgte eine abenteuerliche Kletterpartie über Felsen den Flusslauf hinauf. Am ersten Wasserfall wollte unser Führer nicht weiterklettern, was verständlich war, da er auf Strandlatschen unterwegs war. Auch Martina wurde die Kletterei zu gefährlich, also setzten sie sich neben den Führer, während ich allein zum zweiten Wasserfall weiterging. Dort gab es einen kleinen See, in dem ich eine Runde schwimmen ging – dabei wurde ich von kleinen Fischen „angenagt“, die die abgestorbenen Hautschuppen fraßen.

Ho-Chi-Minh-Stadt

Am folgenden Nachmittag flogen wir von Nha Trang nach Ho-Chi-Minh-Stadt. Das Reisebüro hatte ein Taxi zum Hotel organisiert, allerdings hatte sich auch hier das Hotel geändert. Der Verkehr in Ho-Chi-Minh-Stadt war noch schlimmer als im bereits chaotischen Hanoi. Die fünf Kilometer vom Flughafen zum Hotel dauerten gut eine Stunde.

Das Reisebüro in Hanoi hatte für den nächsten Morgen eine zweitägige Mekong-Delta-Tour für uns organisiert. Am ersten Tag sahen wir die Häuser ehemaliger reicher Bürger aus der französischen Kolonialzeit und besuchten verschiedene Werkstätten, in denen selbst erzeugte Waren wie Honig und Fisch verkauft wurden. Die Nacht verbrachten wir in einem Hotel in Tan An. Auf den Besuch des Marktes verzichteten wir, da die Gehwege vollständig von Händlern blockiert waren und man auf der matschigen Straße gehen musste, während man ständig den Motorrollern und Autos ausweichen musste.

Am zweiten Tag besuchten wir eine Insel mit vielen Fischfarmen und sahen uns an, wie dort Puffreis hergestellt wird. Der rohe Reis wird in ein eisernes Gefäß gegeben und über offenem Feuer erhitzt. Nach 10 Minuten wird das Gefäß aus dem Feuer genommen und in eine Vorrichtung mit einem langen, tunnelförmigen Netz gegeben. Dann wird mit einem Hammer der Verschlussbolzen des Deckels herausgeschlagen, und mit einem lauten Knall fliegt der Puffreis ins Netz, wo er gesammelt und abgefüllt wird. Am Nachmittag ging es zurück nach Ho-Chi-Minh-Stadt. Am nächsten Morgen wurden wir zu einer Stadtbesichtigung abgeholt, bei der wir das alte Postamt, die Notre-Dame-Kirche, das War Remnants Museum und den Präsidentenpalast besuchten. Das War Remnants Museum zeigt Details aus dem Vietnamkrieg und war ähnlich erschütternd wie das Museum in Hiroshima. In Vietnam setzten die Amerikaner das Entlaubungsmittel Agent Orange ein, um den Dschungel zu lichten, in dem sich die Vietkong-Kämpfer versteckten. Agent Orange enthielt jedoch große Mengen hochgiftigen Dioxins, das nicht nur Soldaten, sondern auch die Zivilbevölkerung traf. Viele Vietnamesen starben, und das Dioxin führte auch zu Missbildungen bei Kindern, die sich über mehrere Generationen vererbten. Viele amerikanische Soldaten wurden ebenfalls vergiftet.

Am Nachmittag besuchten wir die berühmten „Tunnel“. Dies ist eine Demonstration des Guerillakriegs, den die Vietnamesen gegen die Amerikaner führten. Die Vietkong lebten unsichtbar in unterirdischen Tunneln und griffen die Amerikaner aus dem Hinterhalt an. In Löchern im Boden, die zu den Tunneln führten, konnten sie sich verstecken. Die Öffnungen waren nur etwa 40 cm lang und 20 cm breit – für die schmalen Vietnamesen geeignet, jedoch nicht für die meist kräftigeren Amerikaner. Wir durften versuchen, in eines dieser Löcher einzusteigen. Ich verzichtete, aber ein holländisches Paar probierte es erfolgreich, worauf ich scherzte, ihr Land müsse dann ja „hole land“ (Lochland) heißen. Weitere Ausstellungsstücke waren sogenannte „Booby Traps“ – Fallen im Boden, die mit angespitzten Bambusästen versehen waren oder Handgranaten auslösten. Diese Fallen verbreiteten großen Schrecken unter den Amerikanern. Auf dem Gelände gab es auch einen Schießstand, an dem man verschiedene Gewehre ausprobieren konnte, darunter ein AK-46 und ein Maschinengewehr. Ich verzichtete, da ich Waffen nicht mag, was eine Gruppe Inder nicht verstand, die begeistert war, endlich mal legal mit einem Gewehr schießen zu dürfen. Zum Abschluss ging es in einen Tunnel, der extra für Touristen verbreitert wurde. Man konnte dort etwa 20 Meter gebückt laufen, um ein Gefühl für das Leben der Vietkong-Soldaten zu bekommen. Auch an diesem Nachmittag folgte eine lange Rückfahrt in die Stadt.

Am nächsten Morgen ging es sehr früh mit dem Flugzeug nach Bangkok, Thailand. Dazu später mehr.