Auch dieses Jahr fanden sich wieder Freiwillige, die Interesse an einer mehrtägigen Fahrradtour hatten. Neben den üblichen Verdächtigen Alfred, Roland und mir (alte Studienkollegen aus Marburger Zeiten), gesellte sich Markus, ein Konstanzer Einheimischer zu uns. Leider musste Axel, der bei der Altmühltour letztes Jahr dabei war, dieses Jahr aus persönlichen Gründen passen.
In 2021 hatten wir eine Umrundung des Bodensees im Auge und optimistisch wie wir sind, hatten wir schon die benötigten Hotels mitten in der Coronakrise im Januar 2021 gebucht. Gerade rechtzeitig sanken jedoch die Inzidenzzahlen und die Grenzen nach der Schweiz und Österreich waren wieder ohne Einschränkungen geöffnet. Einzig die Hotels bestanden auf aktuellen Coronatests, selbst diese waren einfach und problemlos an mehreren Stellen entlang unserer geplanten Route kostenlos zu bekommen.

Anreise
Nach einem lokalen Coronaschnelltest machten wir uns gegen Mittag auf den Weg Richtung Bodensee, legten noch einen Zwischenstopp in Tübingen ein um einen Coronaantikörpertest machen zu lassen, immerhin will man ja wissen, ob die Impfung auch tatsächlich wirkt. Ein weiterer Zwischenstopp wurde in Donaueschingen bei Markus‘ Firma eingelegt, wo er eine Betriebsführung für uns organisierte. Danach ging es direkt zum ABC Hotel in Konstanz wo wir übernachteten. Eine freudige Überraschung war, dass das Hotel eine Ladestation für unser Elektroauto hatte. Nach dem Einchecken und Frischmachen bewegten wir uns etwa einen Kilometer zum Holly’s, wo wir zu Abend aßen. Die Burger waren sehr lecker und das kalte Bier war nach dem heißen Tag sehr willkommen. Es folgte noch ein Spaziergang am Rhein entlang zur Altstadt von Konstanz bevor ins Hotel zurückgekehrt wurde.

Radtour Tag 1:
Nach einem ausgiebigen Frühstück im Freien mussten wir noch vorsichtshalber einen Coronaschnelltest im Krankenhaus von Konstanz machen. Die Ärztin und ihre Helferin waren gut drauf und meinten, dass wir bei den Grenzübertritten mit dem Fahrrad in die Schweiz, bzw. Österreich wohl eher nicht kontrolliert würden, sicherheitshalber gaben sie uns aber ein ausgedrucktes und unterschriebenes negatives Testresultat mit. Bei vollem Sonnenschein ging es dann erstmal durch Konstanz in die Schweiz. In der Tat gab es keine Grenzkontrollen auf dem Fahrradweg. Durch Kreuzlingen ging es dann am Seeufer entlang weiter nach Bottighofen, wo wir kurz im Hafen anhielten  um nach Tauchern Ausschau zu halten die potentiell an der Jura tauchen gehen wollen. Die Jura ist ein alter Raddampfer der vor mehr als 150 Jahren nach einem Zusammenstoß einige 100 m vor Bottighofen auf 40 m Tiefe versunken ist. Die Holzkonstruktion des Dampfers war zumindest vor 25 Jahren, als ich das letzte Mal dort tauchen war, noch so gut erhalten, dass man selbst die Schnitzereien noch erkennen konnte.
Die Radwege in der Schweiz waren super: alles asphaltiert und sehr gut ausgeschildert (und zumindest am Bodensee sehr flach). Eigentlich hatten wir uns vorgenommen zumindest zwei Drittel der geplanten 80 km Strecke bis Lindau zu schaffen, bevor wir uns das erste Bier einverleiben wollten. Als Markus dann aber kurz vor Romanshorn (25km) verkündete, dass er einige Dosen kaltes Bier dabei hätte, wollten wir es bei dem sonnigen Wetter nicht warm werden lassen. Völlig unspektakulär ging es dann weiter und über die Grenze nach Österreich und einige Meter weiter gab es dann eine Pizzeria wo wir erstmal Rast machten und das Bier mit Euros bezahlen konnten.
Danach folgte eine landschaftlich schöne Strecke durch das Rheindelta (wo der Rhein in den Bodensee fließt). Die Gegend war unter Naturschutz, war recht flach und man hatte einen schönen Ausblick auf die schneebedeckten Berge der Alpen.
Hier hatten wir sicherlich nicht den kürzesten Weg gewählt (die Ausschilderung der Radwege in Österreich war bei weitem nicht so gut wie in der Schweiz), sodass wir schwere Beine bekamen. Wir bissen uns dann durch bis Bregenz, wo wir die Bühne der Seefestspiele sehen konnten und weiter über die Grenze zurück nach Deutschland bis nach Lindau. Dort hatten wir die Übernachtung in der Pension Grübel gebucht. Die lag leider etwas außerhalb und erforderte noch etwas Anstrengung für den Anstieg. Dort angekommen war der Wirt froh uns einzuchecken und einige Flaschen Bier zu verkaufen, die wir dann erstmal zum Entspannen leerten. Erst danach machten wir uns frisch und liefen in ein gutes italienisches Restaurant welches ganz in der Nähe lag. Dort verbrachten wir den Abend bei einigen Kaltgetränken bevor wir erschöpft ins Bett fielen.

Radtour Tag 2:
Das Frühstück am nächsten Morgen hätte ich fast verschlafen. Trotz der sehr wenigen Steigungen bislang, war die Tour wohl doch anstrengender als gedacht. Diesen Tag wollten wir nach Tettnang, das liegt etwas entfernt vom Bodensee und das machte sich sogleich in signifikanten Steigungen bemerkbar. Während einer kurzen Rast trafen wir auf ein Ehepaar, welches sich Fahrräder im Hotel mit einer Karte geliehen hatte und denen gesagt wurde, dass die vorgeschlagene Tour eher „holländisch“ wäre. Die Dame schaute doch etwas verzweifelt den steilen Berg hinauf. Sichtlich abgekämpft kamen wir dann bei unserem Ziel in Tettnang an: das Hopfenmuseum. Bevor wir uns dies näher ansahen stärkten wir uns mal wieder mit den Produkten der Hausbrauerei. Neben der Hallertau nördlich von München ist die Gegend von Tettnag eines der größten Hopfenanbaugebiete weltweit. Im Museum lernten wir dann, dass vor etwas mehr als 100 Jahren einige örtliche Würdenträger beschlossen haben, in den Hopfenanbau einzusteigen. Das ist extrem speziell und benötigt neben den Feldern mit den Gestängen und Rankhilfen spezielle Erntemaschinen und Verpackungsgeräte. Wir lernten auch, dass der Hopfen zu den Hanfpflanzen gehört. Mit Informationen und Bier gefüllt machten wir uns dann auf in einer Abwärtsfahrt zurück an den Bodensee (Friedrichshafen) und am See entlang nach Immenstaad. Hier besitzt die Familie von Markus’s Lebensgefährtin ein Seegrundstück mit einer alten Fischerhütte. Wir verbrachten den Abend am See mit hervorragend gegrilltem butterzartem dry aged Beef und Salaten (und natürlich Kaltgetränken). Übernachtet haben wir im Landhaus Müller.

Radtour Tag 3:
Am Abend zuvor und beim Frühstück meinten einige Mitradler heute nur bis Überlingen zu radeln und von dort die Fähre nach Konstanz zu nehmen. Also ging es los entlang des Ufers und der Weinberge und mit wesentlich mehr Radverkehr als die Tage zuvor nach Meersburg. Durch die Altstadt ging es weiter nach Unteruhldingen mit den Pfahlbauten in der Nähe. Diese genauer anzusehen hatten wir keine Zeit, gingen aber entlang der eingezäunten Grundstücksgrenze über einen Spielplatz um einen Blick auf die Häuser zu erhaschen. Als wir gerade unseren Kollegen beobachteten, wie er Fotos von den Häusern machen wollte, ohne ins Wasser zu gehen oder zu fallen, kam ein älterer Herr mit einem Fahrrad entlang des Ufers vorbei und ohne groß nachzudenken ging er ins Wasser, sein Fahrrad neben sich herschiebend.Als er schon knietief (mit dem Fahrrad) im Wasser stand fing er an hektisch in seinen Hosentaschen zu kramen. Ich dachte zunächst er sucht nach seinem Mobiltelefon, es stellte sich aber heraus, dass er nur seine Zigarettenschachtel in Sicherheit bringen wollte, die er in den Mund nahm. Dann ging er vollends ins Wasser (weiterhin mit Fahrrad) und schwamm in Richtung der Pfahlbauten). Leider konnten wir den Grund dieser Aktion nicht aufklären.
 

Nach etwas Kopfschütteln fuhren wir weiter nach Überlingen, wo einige von uns direkt an einem zentralen Platz am Hafen einen Coronatest haben machen lassen, bevor wir ins nächste Eiscafe gingen. Der Coronatest wurde benötigt um Abends in das Hotel in Konstanz einchecken zu können.  Plötzlich war auch nicht mehr die Rede davon die Fähre nach Konstanz zu nehmen, sondern es herrschte Einigkeit die Bodenseerunde tatsächlich per Fahrrad zu beenden. Weitere 30 km ging es recht flach bis ans westliche Ende des Bodensees in Bodman. Dort tat sich aber eine signifikante „Endmoräne“, i.e. ein heftiger Bergrücken auf. Wir entschieden uns die Höhe nicht an der Strasse entlang zu befahren, sondern einen Waldweg zu nehmen. Der war so steil, dass wir schieben mussten. Der Waldweg drehte dann nach Osten ab und wandte sich abwärts, sodass wir den Verdacht hatten zurück nach Bodman zu fahren. eine entgegenkommende Joggerin bestätigte das, konnte uns aber auch nicht mit einem besseren Wegvorschlag helfen. So folgten wir einem sehr engen und steilen Mountainbiketrail bis zu einer Weggabelung mit drei Optionen. Zunächst versuchten wir den linken. Schnell merkten wir, dass auch der nach Bodman zurück führt. Als nächstes probierten wir den mittleren Weg. Leider konnte meine Komoot App nur begrenzt helfen, da der von der App vorgeschlagene Weg vom mitreisenden Einheimischen als wegen eines Bergrutsches als nicht befahrbar klassifiziert wurde. Der mittlere Weg stellte sich zwar als richtig aber extremst steil dar. Wir brauchten einige Zeit und viele Pausen bis wir den Berg bezwungen hatten. Oben angekommen offenbarte Markus, dass er erneut Flüssigverpflegung mitgeführt hatte, die natürlich mehr als willkommen war. Nachdem die Dosen geleert waren ging es mit nur noch wenigen Steigungen abwärts bis nach Konstanz. Kaum dort angekommen stärkten wir und nochmals in einem Biergarten und unsere mitreisenden Mädels melden sich, dass sie bereits im Hotel Halm in Konstanz eingecheckt hatten. Nach einer ausführlichen Trinkpause nahmen wir dann die letzten km in Angriff. Unsere Mädels begrüßten uns im Hotel, wo wir uns dann erstmal frisch machten, bevor wir zum Abendessen in das Restaurant Hafenmeisterei gingen. Dort hörte man am mehrfach aufbrausenden Jubel, dass die deutsche Nationalmannschaft gegen Portugal gewonnen hatte. Nach einem Absacker fielen wir ins Bett.

Abfahrt
Der letzte Tag startete mit einem guten Frühstück in großer Runde. Dies fand im sogenannten Maurischen Saal im Hotel statt, der sehr aufwendig dekoriert ist. Die mitreisenden Damen waren höchst erfreut, dass zum Frühstück auch Sekt gereicht wurde.

Nach dem Abschied folgte die lange, aber zum Glück ereignislose Rückfahrt. Ein Ziel für die Radtour im nächsten Jahr wurde noch nicht gewählt.