Südfrankreich und nicht in Giens tauchen? Nach über 35 Jahren in denen wir sehr regelmäßig in Giens zum Tauchen weilten, entschlossen wir uns 2021 auch einmal etwas anderes zu sehen. Obligatorisch war natürlich eine Küste mit vielen Wracks. In der Vergangenheit hatte ich schon viel über die Wracks vor Marseille gehört, so dass unser Entschluss schnell fest stand: 2021 wollen wir in Marseille tauchen gehen. Bereits im März schrieb ich verschiedene Tauchbasen in französischer Sprache an, aber nur eine antwortete: Plongée Tek Marseille. Der Eigentümer Nicolas schaltete dann schnell auf Englisch um, sodass eine Kommunikation sicher gestellt war. Er sagte zu, dass wetterabhängig bevorzugt Wracks angefahren würden. Ein Apartment in fußläufiger Distanz war dann auch schnell gefunden, sodass wir die Zeit bis Oktober entspannt abwarten konnten. Das einzige Problem blieb Corona aber auch da hatten wir Glück, wenige Tage vor der Abreise wurde die Deklaration der Region als Hochrisikogebiet zurückgenommen.
Die Anreise gestaltete sich dank des Mercedes Firmenwagens recht angenehm und die Reisezeit für die knapp über 1000 km verging mit drei Fahrern wie im Flug. Am Samstag Nachmittag liefen wir in Marseille ein, wo wir glatt eine Unterführung verpassten und uns plötzlich in der Altstadt wiederfanden. Die Straßen wurden extrem eng und bergig, zudem gab es viele enge Spitzkehren mit Gegenverkehr. Auch diese Schwierigkeiten wurden ohne Blechschäden überwunden sodass die nächste Problematik angegangen werden konnte: den Schlüssel des Apartments abholen. Der sollte wie in einer Email beschrieben in einem mit Nummerncode gesicherten Schlüsselkasten sein. Ich brauchte dann doch einige Versuche und einen Anruf bei der Eigentümerin um den Kasten zu öffnen. Diese sprach natürlich nur Französisch, zudem mit einer enormen Geschwindigkeit, sodass ich sie erst mal abbremsen musste. Mit dem Schlüssel ging es dann zum Apartment. Auch hier war die Beschreibung nicht ganz eindeutig, wir mussten letztlich raten in welchem Stockwerk wir den Schlüssel einstecken mussten. Die Entladung des Autos ging schnell vonstatten und ein Parkplatz in der Nähe zum Glück vorhanden. Das Abendessen nahmen wir dann am Strand im Lokal Le Lagon Bleu ein, typisch französisch eine Pizza. Das Lokal hat keine Webseite.
Am Sonntagmorgen fuhren wir dann mit unseren Tauchsachen zur Tauchbasis in den Hafen. Dort gab es viele Taucher die zu den anderen Tauchbasen eilten, nur unsere Tauchbasis hatte geschlossen. Ein Anruf und auch die Emailnachricht wurde zunächst nicht beantwortet, später kam die Nachricht, dass man mit uns erst am Montag gerechnet hat. Also änderten wir unsere Pläne und gingen auf Sightseeingtour in die Altstadt von Marseille. Dort bekamen wir dann doch eine Reihe von sehr alten Wracks zum Teil aus römischer Zeit, die im Historischen Museum von Marseille ausgestellt wurden. Wir wunderten uns auch schon ob wir nicht unsere etwas in die Tage gekommene Tauchausrüstung dem Museum zur Verfügung stellen sollten:
Naja, vielleicht machen wir doch unser eigenes Museum auf. Nach einer Stärkung wanderten wir dann den Berg hinauf zur Notre Dame de la Garde. In dieser Kirche baten die Seeleute in der Vergangenheit um Beistand bei ihren gefährlichen Reisen. Im Kirchenschiff baumeln Schiffsmodelle von der Decke und es gibt viele Bilder von Schiffen an den Wänden.
Wir entschlossen uns dann weitere 6 km bergauf und bergab zu unserem Stadtviertel zu laufen, wo wir nach einigen Drinks auch zu Abend aßen (Brasserie Rafael). Dazubesuchte uns sogar der Chef (Paul) um sicher zu stellen, dass es uns auch schmeckte.
Am nächsten Morgen trafen wir denn auch tatsächlich den Inhaber der Tauchbasis und verschiedene Taucher an der Tauchbasis an. Als Techdiving Tauchbasis war man auf Rebreathertaucher spezialisiert, so dass Alfred und ich etwas auffielen. Die 20 Jahre alten VR3 Tauchcomputer kannten viele Taucher gar nicht, und die wenigen Experten befanden sie als zu gefährlich (Warum habe ich nur so lange damit überlebt???) Nach einem schnellen Dokumentencheck wurde unsere Ausrüstung vervollständigt, inkl. 6 l Dekoflaschen gefüllt mit einem 50% Nitrox. Das Wetter war sonnig, allerdings herrschte reichlich Wind, sodass wir nur an Felsen tauchen konnten. Da gab es allerdings reichlich Strömung, sodass wir uns zum Ankerplatz zurückarbeiten mussten. Der Nachmittagstauchgang wurde dann abgesagt. Am Dienstag ging es dann vormittags zu einem weiter entfernten Felsen, wieder mit reichlich Wind. Für den Nachmittagstauchgang gab es eine Grotte zu begutachten. Die ganze Zeit befanden wir uns auf dem Schlauchboot in Neoprenanzügen (wegen der Kälte doch etwas fröstelnd). Die Franzosen packten zwischen den Tauchgängen ihr bestelltes und mitgebrachtes Mittagessen aus, inkl. Kuchen als Nachtisch.
Am Mittwoch war dann Sturm angesagt mit Windstärke 9, trotzdem wurde für den ganzen Tag mit dem Schlauchboot hinausgefahren. Die Fahrt war dabei aufregender als das Tauchen selbst. Donnerstags schwächte der Wind wieder etwas ab, an Wracks war trotzdem nicht zu denken. Erst am letzten Tag wurde nach einem tiefen Vormittagstauchgang im „Gorgonia Valley“ am Nachmittag am Wrack der Liban getaucht (ganz in der Nähe des ersten Tauchgangs (siehe oben). Das Wrack war leider schon ziemlich zerfallen und bei der Rückkehr zum Boot hatten wir die gleichen Strömungsprobleme zu überwinden wie beim ersten Tauchgang.
Auf der Rückfahrt machten wir dann noch einen Abstecher zur Quelle der Vaucluse, (der tiefste Quelltopf weltweit). Jacques Cousteau versuchte in den 50er Jahren den Grund zu erreichen musste aber bei 74 m abbrechen. Tauchen war danach offiziell verboten, allerdings erreichte Jochen Hasenmayer in der frühen 80er Jahren mit selbst entwickelter Tauchtechnik (Trimix) Tiefen von 145 und 200 Metern. Den Grund auf über 300 Metern erreichte aber erst ein Tauchroboter.
Alles in allem war der Aufenthalt sehr nett, das Wetter war schön (außer dem Wind), die Leute an der Tauchbasis sehr freundlich. Zum Glück sprachen die meisten Englisch, das hat die Kommunikation massiv vereinfacht, da unser Französisch doch nicht so gut ist. Alfred war am Anfang skeptisch, wie er mit der Deko- Stageflasche zurecht kommen würde, stimmte mir aber am Ende zu, dass es kaum zu Komplikationen führt. Auf jeden Fall komme ich wieder um tatsächlich die Wracks vor Marseille zu erkunden.
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