Von der Atacamawüste sind wir über mehrere Stunden tagsüber mit dem Bus nach Antofagasta, einer Hafenstadt, gefahren und kamen Sonntag abends an. Das Hotel war nett, sogar mit Meerblick, aber die allermeisten Restaurants hatten geschlossen. Nach längerer Suche fanden wir eines, wo wir uns Burger gönnten. Meiner war ein Dreifachburger und so groß, dass ich nur zwei Drittel schaffte. Den folgenden Tag hatten wir uns Ruhe gegönnt und mussten die SIM- Karte für mobiles Internet aufladen. Das stellte sich als schwierig heraus, wir sind extra zu einem Shop des chilenischen Mobilfunkanbieters (Claro) gelaufen, dort wollte oder konnte man uns nicht helfen und schickte uns in den nächsten Supermarkt. Dort nahm sich uns eine nette Verkäuferin an und half uns 25 GB für umgerechnet 10 Euro zu kaufen und zu installieren. Nachts sind wir dann weiter mit dem Bus nach La Serena, (eine weiter südlich gelegene Hafenstadt) gefahren. Dort kamen wir in der Nähe der Busstation in einem Hostel unter, welches von einer deutschen Familie geleitet wurde, die vor einigen Jahren nach Chile ausgewandert ist. Wir hatten eine nette Unterhaltung (auf Deutsch) mit dem Besitzer über die unterschiedlichen Lebenseinstellungen der Leute in Europa und in Chile.

Am nächsten Tag liehen wir uns bei bestem Frühlingswetter jeweils ein Fahrrad: die Leihstelle war mit Adresse im Internet beschrieben. Als wir dort aber ankamen handelte es sich um ein Wohnhaus, welches mit einer hohen Mauer und Tor verschlossen war. Ich fragte zunächst bei einer gegenüberliegenden Autowerkstatt wo denn hier der Fahrradverleih wäre und man deutete auf besagtes Haus. Also klingelte ich beherzt und tatsächlich waren wir einige Minuten später im Besitz von zwei fabrikneuen Mountainbikes. Der Vermieter war sehr vertrauensselig, er fragte nur nach dem Namen und sonst nichts, keine Telefonnummer, keine Email-Adresse, kopierte noch nicht einmal unsere Pässe. Wir hätten also mit den fabrikneuen Fahrrädern nur für die Leihgebühr auf Nimmerwiedersehen verschwinden können, das haben wir natürlich nicht gemacht. Unser Plan war dem Fahrradweg am Strand entlang in die nächste Stadt zu fahren (hin und zurück etwa 25 km). Leider zerlegte sich nach nur kurzer Zeit bei meinem Fahrrad die Hinterradfelgenbremse und ich fand nicht alle Bestandteile wieder. So waren wir gezwungen vorsichtig und langsam weiter zu fahren, was nicht weiter problematisch war, da die Strecke sehr flach war und man nicht heftig bremsen musste. In der nächsten Stadt namens Coquimbo angekommen beobachteten wir wie ein deutsches Kreuzfahrtschiff (Hanseatic Inspiration) gerade ablegte. Im Hafen waren Fischer, die ihre Ware verkauften und unzählige Pelikane anlockten. Wir haben die Gelegenheit ergriffen und noch einmal direkt am Meer fangfrischen Fisch in Form von Ceviche zu uns zu nehmen.

 

Am nächsten Morgen wollten wir per Bus weiter nach Santiago fahren. Tickets habe ich im Internet gekauft. Am Schalter verkündete uns dann der Mitarbeiter, dass diesen Tag keine Busse der Gesellschaft nach Santiago fahren würden. Hmmm…, er redete noch auf mich ein, dass ich das Geld im Internet zurückfordern sollte. Leider ist das immer mit Problemen verbunden. Zum Glück gab es noch mindestens 10 weitere Schalter von weiteren Busgesellschaften und schon am nächsten verkaufte man uns Tickets für einen Bus, der zur exakt gleichen Zeit wie der zuvor gebuchte Bus der anderen Gesellschaft fahren sollte. In Santiago angekommen nahmen wir sofort die hohe Verkehrsdichte wahr und entschieden uns mit einem Uber zu unserem Hotel zu fahren. Das gebuchte „Hotel“ stellte sich als ein Apartment von einem privaten Vermieter heraus. Der hatte schon mal vorsichtshalber 60 € für die erste Nacht abgebucht, unter dem Namen eines Juweliergeschäftes. Seit dem Kreditkartenbetrug bei unserer Weihnachtsreise nach Mexiko bei einer Autovermietung reagiere ich auf sowas allergisch und nahm mir schon vor den Betrag direkt bei der Kreditkartenfirma zu reklamieren. Bei der vollständigen Bezahlung des Apartments nach Ankunft merkte ich aber, dass der Abbuchungsname ebenfalls das gleiche Juweliergeschäft war und stellte den Eigentümer zur Rede, warum er schon vor Anreise Geld abbucht. Er meinte, das wäre zu seiner Sicherheit, falls wir doch nicht kämen. Ich meinte zu ihm, dass er doch zumindest den Abend abwarten könnte und am nächsten Tag das Geld bei Nichtanreise abbuchen könnte, das sah er aber nicht ein und nun muss ich auch diesem Geld bei der Kreditkartenfirma hinterher rennen.

Am nächsten Morgen teilte ich den Besitzern des Weingutes, wo wir als nächstes Haussitten wollen, mit, dass wir in Santiago angekommen sind, da sie anboten, uns nächsten Mittwoch in ihrem Wagen abzuholen. Die reagierten freudig erregt und luden uns zu einem italienischen Straßenfest ein, wo sie gerade ihren Wein ausschenken würden. Dies ließen wir uns natürlich nicht entgehen und erledigten zugleich einige Einkäufe: meine Joggingschuhe und Sandalen haben beim Inkatrail arg gelitten und ich nutzte die Gelegenheit einen Decathlon Store zu besuchen und Ersatz zu beschaffen.

Für den nächsten Tag hatten wir eine Sightseeingtour zu Fuß gebucht. Das machen wir immer in neuen größeren Städten, da man viel über die Leute, die Gebäude aber auch die Geschichte erfährt. So lernten wir, dass die Chilenen Anhänger der YOLO Kultur sind (You only live once), da aufgrund der vielen Vulkane und der resultierenden Mega- Erdbeben keiner sicher sein kann morgen noch zu leben. Als Folge haben die Chilenen kaum Altersvorsorge und in der Regel weniger als umgerechnet 1000 € auf der Bank. Auch das Thema Diktatur unter Pinochet kam zur Sprache: uns wurde das Haus gezeigt wo während der „Säuberungen“ mehr als 5000 politisch andersdenkende Menschen umgebracht wurden, meistens junge Leute und Studenten. Am Eingang des Hauses wurden Pflastersteine mit den Namen und dem Alter angebracht, meistens kaum älter als 20 Jahre. Schwangeren Frauen wurde noch erlaubt das Kind auszutragen, welche dann gegen Devisen ins Ausland zur Adoption verkauft wurde, meistens nach Schweden, bevor man die Mütter umbrachte.

Etwa 70% der Chilenen stammen von europäischen Einwanderern ab und nur 30% sind indigenem Ursprungs. Die Indigenen werden noch heute diskriminiert und bekommen keine höher dotierten einflussreichen Jobs…

Wir stiegen noch auf einen Hügel, wo die erste chilenische Sternwarte errichtet wurde und der erste Seismograph um die Erdbeben zu protokollieren.

Als letztes stand noch der Besuch eines Berges mittels einer Seilbahn an, von wo aus man einen guten Überblick über die Stadt hatte bis hin zu den schneebedeckten Bergen der Andenkette.

Heute Montag hatten wir eigentlich vor verschiedene Museen und Kirchen zu besuchen, leider scheinen aber viele öffentlichen Einrichtungen Montags geschlossen zu haben, so dass mir Zeit blieb diesen Bericht in den Computer zu hacken.

Heute Abend wollen wir noch chilenische Spezialitäten probieren: Chorrillana, ein Bett aus Pommes Frites, getoppt mit gebratenen Zwiebeln, klein geschnittenem Steak und Spiegelei. Dazu soll es den lokalen Cocktail Terremoto (zu deutsch: Erdbeben) geben. Dieser besteht aus Ananaseis, einem halben Liter Weisswein, etwas Pisco, Brandy oder Weinbrand. Danach soll man angeblich so laufen als gäbe es ein Erdbeben. Wir werden sehen…