Nach unserer Abreise aus Südamerika ist es an der Zeit, ein Resümee zu ziehen: Was lief gut und was weniger gut?
Generell können wir sagen, dass unser Konzept, von Ort zu Ort zu reisen, aber auch öfter länger an einem Ort zu verweilen, um a) uns zu erholen und b) die Reisekosten zu senken, dank der Unterstützung von https://workaway.info fast vollständig aufgegangen ist. So verbrachten wir von den bisherigen zehn Monaten drei Monate in einem kleinen Küstenort auf einer Tauchbasis in Panama und einen Monat auf einem Weingut in Chile. Wir hätten gerne auch in Argentinien die Möglichkeit gehabt, etwa einen Monat zu arbeiten und dafür kostenlos zu wohnen und mit Essen versorgt zu werden. Leider war das nicht möglich, sodass wir ein Apartment in Mendoza für einen Monat mieteten. Zwar mussten wir für die Unterkunft zahlen, konnten aber die Küche nutzen, um Restaurantkosten zu sparen. Ganz am Ende unserer Argentinienreise wurden wir in Buenos Aires von einem ehemaligen Arbeitskollegen zu einem privaten Grillabend eingeladen. Hier stellte sich heraus, dass seine Frau und Kinder eine riesige Blaubeerplantage besitzen, wo sie uns gerne als Aufseher angestellt und beherbergt hätten.
Finanziell kommen wir aus unserer zehnmonatigen Reise plus/minus null heraus. Wir hatten zuvor genügend Kapital gespart, das wir in Aktien investiert haben. Die Kursgewinne, Zinsen und Dividenden decken unseren Lebensunterhalt und die Reisekosten selbst ohne Rentenzahlungen.
Sind meine Erwartungen an Südamerika erfüllt worden?
– Vor der Abreise nach Südamerika hatte ich die Vorstellung, dass die Menschen dort trotz finanzieller Einschränkungen generell glücklicher und lebensfroher sind als in Europa, speziell als in Deutschland. Diese Vorstellung wurde im Großen und Ganzen bestätigt. Die Leute sind freundlich und meist gut gelaunt. Stress gibt es selten. Wir hatten (toitoitoi) auch keine gravierenden kriminellen Vorfälle. Einige Male wurde versucht, uns mit Kreditkartenabbuchungen zu betrügen, aber das konnten wir immer klären, sodass uns kein Verlust entstanden ist. Allerdings wurden wir am letzten Tag unseres Fluges von der Dom Rep nach Kanada vom gebuchten Taxi versetzt, das erst zwei Stunden später als vereinbart am Hotel erschien. Hätten wir gewartet, hätten wir unseren Flug verpasst. Deshalb mussten wir ein Uber bestellen, das etwa 25€ kosten sollte. Als der Fahrer jedoch ankam, verlangte er 75€ in bar. Da wir unseren gebuchten Flug erreichen wollten, hatten wir keine andere Wahl, als zu akzeptieren. Leider konnte ich mich bei Uber wegen dieser Angelegenheit nicht beschweren, da es keine E-Mail-Adresse gibt und das Hilfemenü auf der Website nicht weiterhalf.
– Das Leben in Südamerika ist im Vergleich zu Europa oder Kanada recht günstig. SIM-Karten für Mobiltelefone kosten in der Regel zwischen 5 und 10 Euro für 25 GB Daten pro Monat. Taxifahrten oder Uber sind normalerweise ebenfalls extrem billig. Kurze Stadtfahrten kosteten in der Regel zwischen 2 und 3 Euro. Selbst längere Fahrten (etwa eine Stunde) kosteten nur etwa 20 Euro (abgesehen vom oben beschriebenen Vorfall). Grundnahrungsmittel sind günstig, und für Hotelübernachtungen zahlten wir im Durchschnitt etwa 25€ pro Nacht (natürlich keine 5-Sterne-Hotels, aber im Allgemeinen in Ordnung). Überall darf man Klopapier nicht in den Abfluss geben, sondern in einen neben dem Klo stehenden Papierkorb. Das ist zunächst ungewohnt, aber man gewöhnt sich schnell daran. In den Badezimmern gibt es häufig ebenerdige Duschkabinen. Mehr als einmal fehlte jedoch das Gefälle zum Abfluss, sodass das Badezimmer beim Duschen überflutet wurde.
– Die Menschen in Südamerika sind generell sehr religiös (katholisch) und recht egozentrisch. Sie sorgen dafür, dass ihre eigenen Bedürfnisse zuerst befriedigt werden, auch wenn es auf Kosten anderer geht. Beispiele hierfür sind lautes Musikhören oder das Ansehen von Videos auf dem Handy ohne Kopfhörer. Auch an Supermarktkassen musste ich mehr als einmal lange warten, weil die Ersten in der Schlange noch Sachen erledigen mussten, nachdem sie ihre Sachen auf das Band gelegt hatten. Anstehen ist völlig normal, und die Arbeitsmoral lässt oft zu wünschen übrig. Mehr als einmal sind wir aufgestanden und gegangen, weil im Restaurant kein Kellner erschien, um unsere Bestellung aufzunehmen. Stattdessen unterhielten sich die Kellner lieber am Tresen. Ich glaube nicht, dass unser Gehen sie in irgendeiner Weise gestört hat. Sie schienen eher über unsere Ungeduld den Kopf zu schütteln. Besonders an unserem letzten Aufenthaltsort in der Dominikanischen Republik war die Gleichgültigkeit des Servicepersonals in den Restaurants extrem. Ein Freund meinte: „Dort haben sie das Arbeiten nicht erfunden, eher das Feiern.“
– Spanischkenntnisse sind in Südamerika (außer in Brasilien, wo Portugiesisch gesprochen wird) absolut notwendig. Deutsch wird nur selten gesprochen, und selbst Englisch versteht und spricht man auch in Touristenhochburgen nicht unbedingt. Mit grundlegenden Spanischkenntnissen kommt man jedoch gut zurecht, und die Menschen sind absolut hilfsbereit, besonders wenn man sie anspricht.
– Geduld ist aufgrund der Ineffizienz generell sehr wichtig, und das ist nicht unbedingt meine Stärke.
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